Mittwoch, 2. Januar 2013

O, she doth teach the torches to burn bright!

O, she doth teach the torches to burn bright! (Romeo und Julia I.5. Romeos erste Worte nach dem er Julia erblickt)

Ich hatte kürzlich das Vergnügen mit meiner 8. Klasse die "Romeo and Jula"-Verfilmung mit Leonardo di Caprio und Claire Danes zu sehen. Es hat mich sehr interessiert, wie meine Jungs und Mädels auf die Geschichte reagieren. Die meisten haben sich für die Geschichte zumindest interessiert, weil sie davon irgendwo auch schon mal was gehört hatten. Dass jemand ohne seine Liebe nicht mehr weiterleben will, fanden sie weniger abwegig, als ich erwartet hätte. Was sie jedoch vollkommen irritierte und teilweise sogar aufregte war, dass Romeo und Julia sich auf den ersten Blick verlieben und nach ein paar Worten und Küssen beschließen zu heiraten. Auch, dass es so schnell zum Sex kam, fanden die meisten sehr befremdlich. Ihre Empörung brachte mich auf die Idee, mal wieder zu schreiben und zwar diesmal über das Phänomen "Liebe auf den ersten Blick".

Bevor Romeo auf einem Maskenball der Capulets auf Julia trifft, ist er unsterblich und unglücklich in Rosaline verliebt. Ob er sich in sie ach auf den ersten Blick verliebt hat, ist nicht bekannt. Romeo leidet unter seiner Liebe, da diese nicht erwidert wird. In seinem Leid badet er scheinbar genüßlich: "O heavy lightness! serious vanity! Mis-shapen chaos of well-seeming forms! Feather of lead, bright smoke, cold fire, sick health!" (Romeo and Juliet I.1.) Die Oxymorone verdeutlichen, die beiden Seiten des Verliebtseins und der Liebe, wenn diese unerwidert bleibt.

Romeo ist sich sehr sicher, dass Rosaline die Liebe seines Lebens ist und dass es für ihn niemals einer andere und vor allem keine Schönere geben wird: "One fairer than my love! the all seeing sun/ Ne'er saw her match since the world begun" (I.2.) Romeo schwärmt zwar vor allem von Rosalines Schönheit, jedoch erwähnt er auch ihre Klugheit: "She is too fair, too wise; wisely too fair" (I.1) Allerdings ist auch möglich, dass Romeo mit "wise" nur Roaslines Fähigkeit beschreibt, ihn mit ihrer Schönheit an sich zu binden.

Auch bei Julia ist es die Schönheit, in die Romeo sich verliebt."Did my heart love till now? forswear it, sight! For I ne'ver saw beauty till this night." (I.5.) Auch im weiteren Verlauf des Kennenlernens steht vor alle Julias Anmut im Mittelpunkt. Selbst als Romeo Julia scheinbar tot in der Gruft findet, bewundert er ihre Schönheit. Romeo liebt also Julias Aussehen und nicht wie sie denkt oder was sie tut. Und dennoch war seine Liebe auf den ersten Blick so stark, dass  Romeo nicht mehr ohne Julia leben kann und will.

Ist sowas möglich? Dass bei der Liebe auf den ersten Blick das Aussehen und die Ausstrahlung einer Person eine große Rolle spielen, scheint offensichtlich. Aber ich denke, dass Menschen, die sich auf den ersten Blick verlieben, sich nicht in die Schönheit verlieben, sondern in den Menschen, den sie auf den ersten Blick zu erkennen meinen, und zwar mit all seinen Eigenschaften und Charakterzügen, die sich in seinem Äußeren widerspiegeln. Ich kenne einige Menschen, die mir erzählt haben, sich auf den ersten Blick verliebt zu haben. Sie schwärmten dann jedoch nicht wie Romeo davon, wie schön diese Person sei, sondern sagten einfach, dass sie einfach vom ersten Moment an gewusst hätten, dass sie sich in diese Person verlieben würden. Vielleicht hat auch Romeo, den Menschen Julia gesehen, mit all ihren Eigenschaften und Charakterzügen, und drückt dieses durch das Beschreiben ihrer Schönheit aus.

Ich habe mich noch nie auf den ersten Blick verliebt. Ich habe mich immer in Menschen verliebt, die ich schon etwas länger gut kannte, mit denen ich gern viel Zeit verbracht habe und denen ich zumindest teilweise vertraut habe. Als Jugendlich war ich natürlich auch in Jungs verknallt, mit denen ich mich noch nie ein Wort unterhalten habe, sondern in die ich nur alle wünschenswerten Eigenschaften hineinprojizierte, während ich sie vom Weiten bewunderte. Aber auch bei diesen Jungs war es nie so, dass ich einen auf den ersten Blick toll fand, zumindest kann ich mich daran nicht erinnern. Vielleicht liegt das auch an meiner schlechten Menschenkenntnis, dass ich, bevor ich mich verlieben kann, einen Menschen richtig kennen muss. Und vielleicht ist es für andere Menschen wirklich möglich, einen Menschen auf den ersten Blick in seiner Ganzheit zu erfassen und sich dann auch sofort zu verlieben.

Ich denke jedoch nicht, dass aus einer Verliebtheit auf den ersten Blick, auch zwangsläufig eine Liebe entwickelt, die für immer andauert und so wahr und ewig, wie die von Romeo und Julia ist. Man kann nicht auf den ersten Blick sehen, wie man als Paar mit Alltagssorgen und Schicksalsschlägen umgehen wird, und man kann vor allem nicht sehen, ob die Verliebtheit oder , selbst wenn sie beidseitig ist, nicht von einer anderen Liebe auf den ersten Blick abgelöst werden kann. Allerdings suggeriert für mich der Begriff "Liebe auf den ersten Blick" ewiges Zusammensein und ich verbinde ihn mit wahrer Liebe, auch wennich sie selbst nie erlebt habe.

Für mich ist die "Liebe auf den ersten Blick" eine schöne und romantische Idee einer wahren und ewigen Liebe, von der ich nicht ausschließen will, dass es sie für manche Menschen gibt. Meine Liebe auf den 100. Blick ist jedoch genau so schön, vielleicht nicht so romantisch, aber dafür auch weniger dramatisch als die von Romeo und Julia. Und mich würde wirklich mal interessieren, wie es mit Romeo und Julia weitergegangen wäre, wenn Friar Laurences Plan aufgegangen wäre und beide geflohen wären. Hätte ihre Liebe dann auch bis an ihr Lebensende angehalten?

Mittwoch, 22. September 2010

For as the sun is daily new and old

So my love is telling what is told. (Sonett 76)

Im Sonett 76 geht es wie in so gut in allen Sonetten Shakespeares um die Liebe. Die Liebe bei Shakespeare hat viele Gesichter: sie ist sehnsüchtig, ist oftmals einseitig und schmerzvoll (dann jedoch sehr intensiv und echt), manchmal vergänglich und willkürlich, manchmal wahrhaftig und ewig. In Sonett 76 wird die letztere, die wahre und unendliche Liebe, thematisiert. Ob es sich dabei um erwiderte oder einseitige Liebe handelt, ist nicht ersichtlich.

Der Sprecher des 14-Zeilers stellt eingangs die Frage, warum er immer nur von einem Thema schreibe, warum er nicht nach links oder recht schaue und sich nicht nach Veränderung sehne. Die Antwort auf die Frage gibt er selbst: „O, know, sweet love, I always write of you.“ Die Liebe und die Angebetete sind seine einzige Motivation zu schreiben, und so schmückt er seine Liebe und Liebste jeden Tag mit neuen Worten. In den letzten beiden Zeilen, die bei Shakespeares Sonetten als Schlussfolgerung, unumstößliche Wahrheit oder letzte Begründung fungieren, rechtfertigt der Sprecher die Motivwiederholung in seinem Werk mit folgendem Vergleich:

For as the sun is daily new and old,
So my love is telling what is told.

Der Sprecher vergleicht seine Liebe mit der jeden Tag aufgehenden Sonne. Die Sonne geht jeden Tag auf und ist jeden Morgen Dieselbe. Trotzdem hat sie sich verändert, ihr Stand ist nicht der Selbe, und auch der Tag, den sie bringt, ist nicht so wie der Vorrangegangene. So ist sie jeden Tag alt und neu. Die Liebe des Sprechers ist folglich auch alt und neu jeden Tag. Alt ist, dass sie genauso stark ist wie gestern, neu sind die Worte, in die der Dichter seine Liebe jeden Tag kleidet.

Ich denke jedoch, dass nicht nur die Worte der Liebe jeden Tag anders sind, sondern auch die Liebe selbst (sofern man davon ausgeht, dass sie ewig sein kann) jeden Tag ein anderes Gesicht hat – so wie die Sonne. Den Vergleich der Liebe mit der alten und neuen Sonne jeden Tag finde ich sehr passend und gelungen. Hat man jemanden gefunden, von dem man geliebt wird und den man zurückliebt, gibt diese Liebe die Gefühle von Vertrautheit, Sicherheit und Wärme. Die gleichen Gefühle gibt uns die Sonne, von der wir sicher sein können, dass sie morgen wieder aufgeht und uns auf vertraute Weise wärmt. Die Sonne ist ganz verständlich jeden Morgen da, und trotzdem freuen wir uns immer wieder über sie, wenn sie hinter dicken Wolken hervor lukt.

Natürlich ist die Liebe zwischen zwei Menschen nicht so selbstverständlich da wie die Sonne, wenn sie jedoch existiert, teilt sie viele Eigenschaften mit ihr. Neben der Beständigkeit und Sicherheit, die Sonne und Liebe ausstrahlen (das Alte), bringen auch beide jeden Tag Neues: Auch wenn die Sonne jeden Tag scheint, ist kein Tag wie der Andere. Es ist kalt oder warm, bewölkt oder strahlend hell und natürlich gibt es noch ganz viele andere Faktoren, die jeden Tag, trotz gleicher, alter Sonne besonders machen.

Genauso bringt die Liebe zwischen zwei Menschen nicht jeden Tag auch diese Liebe mit sich. Es gibt Streitigkeiten, Probleme, die den Himmel bewölken, es gibt Tage an denen die Gemüter heißer oder kühler sind und der Alltag mit seinen Anstrengigkeiten hindert uns oft daran, die Liebe, oder eben die Sonne jeden Tag zu genießen. Trotzdem, oder gerade deswegen bringt die Liebe, wie die Sonne, ein Licht in unser Leben, das in alter Vertrautheit jeden Tag für uns scheint und doch jeden Tag Neues, meist Schönes, bringt.

Donnerstag, 22. April 2010

It is not in the stars to hold our destiniy, but in ourselves.

Sucht man im Internet nach Shakespearezitaten über das Schicksal, so stößt man immer wieder auf dieses Zitat. In Shakespeares Stücken habe ich dieses Zitat jedoch vergeblich gesucht (und lasse mich gern eines besseren belehren). Es gibt aber eines, was dem sehr ähnelt: „ The fault, dear Brutus, is not in our stars, But in ourselves, that we are underlings.“ (Julius Caesar, I, 2, l. 140-41). Ich nehme an, es handelt sich hier, ähnlich wie bei Descartes’: “Ich denke, als bin ich”, was so wörtlich in seinen Meditationen auch nicht zu finden ist, um eine Vereinfachung eines Zitates, die im Laufe der Zeit bekannter geworden sind als das Original.
Shakespeares Originalzitat unterscheidet sind von der ich nenne es mal Internetversion nicht wesentlich. Es ist lediglich spezieller als das Internetzitat. Geht es im Letzteren um die Macht und Kraft des Menschen, sein Leben und Schicksal selbst in die Hand zu nehmen im Allgemeinen, bezieht sich Shakespeares Zitat auf das Leben unter einer Diktatur, die eben auch nicht als gegeben hingenommen werden muss oder darf. Der Fehler (the fault) liegt bei den Menschen selbst, die sich der Tyrannei eines Caesars unterwerfen und nicht in den Sternen oder bei Gott.
Ich habe mich trotz des eher politischen Bezuges für dieses Zitat entschieden, weil ich denke, dass wir, auch wenn wir uns für aufgeklärt und nicht mündig halten, manchmal trotzdem gern unser Schicksal in der Sterne Hand legen wollen. Das scheinbare lapidare Horoskope lesen oder Stoßgebete gen Himmel schicken sind dabei nicht die Dinge, auf die ich zu sprechen kommen möchte. Mir geht es vor allem um den tief verankerten Glauben in uns, oder zumindest in mir, dass das Schicksal einige Dinge für mich bereit hält, die ich nur finden oder als solche erkennen muss, und das vor allem wenn es um Liebe geht.
Bei Themen und Lebensentscheidungen wie Beruf oder Wohnortwahl weiß und fühle ich , dass ich es bin, die diese Entscheidungen trifft, sicherlich nicht ohne den Einfluss von anderen Menschen und Umständen, aber sicher ohne die Hilfe der Sterne. Sätze wie: „Na, wer weiß wofür, das alles noch gut ist“, zeigen jedoch, dass ich selbst bei diesen Entscheidungen irgendwie auf den positiven Einfluss höherer Mächte hoffe. Bei Liebesdingen ist dieses Gefühl der Vorbestimmung jedoch noch stärker. Ich gehe davon aus, dass es eine endliche Zahl von Menschen gibt, die ich lieben kann und die mich zurücklieben, und diese muss ich eben finden, oder wenigstens einen von Ihnen.
Die Konsequenzen eines solchen Denkens sind die Angst, diesen Menschen nicht zu finden und der Druck, dass gleich alles perfekt sein muss, wie im Märchenbuch. Am Besten Liebe auf den ersten Blick, mit allem drum und dran. Man sieht jemanden und weiß, ja das ist er. Aber ist das wirklich so? Müssen wir einen dieser Menschen nur finden, entdecken und als diesen auch erkennen. Eine sehr guten Freundin sagte vor kurzem zu mir: „Es sollte doch nicht darum gehen, den Richtigen zu erkennen, sondern darum zu entscheiden, wer der Richtige sein soll.“ Ich finde, dass dieser Satz sehr viel Wahrheit in sich hat. Gleichzeitig war meine erste intuitive Reaktion darauf fast sowas wie Empörung - Ich kann doch nicht selbst entscheiden, wen ich liebe und wen nicht. Und das geht natürlich nicht, allein die Chemie und die Hormone machen einem dabei einen dicken Strich durch die Rechnung. Was aber möglich ist, ist ein Umdenken: Nicht die Sterne oder mein Schicksal entscheiden, wer der der Richtige ist, sondern ich entscheide, wem ich die Möglichkeit geben möchte der Richtige zu sein (und umgekehrt). Das heißt auch, dass ich Dinge ausprobieren darf, dass ich nicht auf die Liebe auf den ersten Blick warten muss. Nein, ich kann selbst entscheiden, mit wem ich gern Zeit verbringe und zusammen sein will, ohne mich ständig fragen zu müssen: Ist das jetzt der Richtige, der für mich Vorgesehene? Ich selbst entscheide, wen ich zu meinem, dem Richtigen machen möchte, weil es einfach wert ist.

Montag, 19. Oktober 2009

Our remedies oft in our selves do lie.

Our remedies oft in ourselves do lie.
(All’s well that ends well, I, 1.)

Dieses Zitat finde ich interessant, weil ich mich in letzter Zeit öfter gefragt habe, ob und in welchem Maße wir allein für uns selbst sorgen können und müssen. Ich meine damit nicht das Sorgen um die eigene Existenz und das körperliche Wohlergehen, sondern das Sorgen und Kümmern um unser seelisches Wohlergehen. Liegt es ganz an uns, dass es uns gut geht? Oder dürfen wir unser Wohlergehen in die Hände anderer geben, uns von anderen abhängig machen? Müssen wir uns selbst genug sein?

Wenn man allein ist, also außerhalb einer Partnerschaft, und besonders wenn man gerade eine Trennung hinter sich hat, hört man doch von Freunden den gutgemeinten Rat, jetzt erstmal mit uns allein glücklich werden zu müssen, unser Leben allein zu führen und ganz einfach mit uns allein zufrieden zu sein. Das ist ganz schön schwer, wenn man lange gewohnt war, alles zu teilen: die Sorgen, den Kummer, die Arbeit und vor allem die schönen Momente. Auf einmal soll es schön sein, für sich allein etwas zu kochen, allein den Abend zu verbringen und eben einfach mit sich selbst allein zu sein. Das alles sei wichtig, so die klugen Ratgeber, um wieder Platz in einer neuen Beziehung finden zu können. Ist das wirklich so? Muss man erst allen glücklich sein, um es zu zweit zu werden?

Natürlich sollte man sich erstmal selbst finden. Zu wissen, wer man ist, ist wichtig, um in einer Partnerschaft aktiv zu handeln und zu leben. Es ist gut möglich, dass Zeit nötig ist, um allein herauszufinden, was man wirklich mag, und wer man wirklich ist. Aber ich denke, dass wir Menschen uns ohne andere gar nicht definieren können. Meiner Meinung nach gibt es nicht das ICH und die anderen sondern nur das ICH mit den anderen. In diesen vermeintlichen Selbstfindungsprozessen von Neu-Singles geht es doch nicht darum, sich zurückzuziehen und zu sehen, wer man selbst ist. Nein, man geht raus, knüpft neue Kontakte, durch die mitunter neue Seiten der Persönlichkeit entdeckt werden können. Ich denke also, dass man sich selbst nie genug sein kann, da man immer andere braucht, die einen inspirieren, neu erfinden, halten, stützen und so weiter.

Der Grund, warum Neu-Singles das Alleinsein so schwer fällt, ist natürlich die geistige und seelische Abhängigkeit, in die man sich in einer Beziehung, absichtlich oder auch nicht, begibt. Oft wird diese Abhängigkeit als negativ bewertet. Teils wegen der Gefahr der Selbstaufgabe, die mitunter auch zum Scheitern einer Beziehung führen kann, da so die Partner aufhören gleichberechtigt zu sein, teils wegen der Gefahr des Fallens, wenn die Beziehung zerbricht. Darf man sich deswegen nicht von anderen abhängig machen? Müssen wir deswegen in einer Beziehung und auch in einer Freundschaft stets darauf achten, selbstständig zu bleiben, nichts aus der Hand zu geben?

Ich bin geneigt „Nein“ zu antworten. Die Probleme einer, vor allem zu starken einseitigen, Abhängigkeit sind mir bewusst. Ich sehe jedoch gegenseitige Abhängigkeitsverhältnisse unter Freunden und in Beziehung als etwas natürlich Menschliches und auch als durchaus positiv. Dass Freunde und der Freund für einen da sind, einem bei Problemen helfen und einem das Leben erleichtern, spricht doch dafür, sich ein Stück weit abhängig zu machen, und sein Glück in ihre Hände zu legen. Außerdem gibt es doch kaum einen größeren Vertrauensbeweis, als zu sagen: „Ich weiß du lässt mich nicht fallen, darum bin ich bereit, mich ein Stück von dir abhängig zumachen“, ist das nicht eigentlich sogar das Kernstück zwischenmenschlicher Beziehungen?

Es kann sein, dass ich das gerade auch alles so sehe, weil es einfacher ist, die Hilfe und das Dasein von Leuten anzunehmen, als allein zu kämpfen, aber selbst dann, hat das doch auch etwas Positives, oder?

Montag, 28. September 2009

Did my heart love till now?

Did my heart love till now? Forswear it, sight!
For I ne’er saw true beauty till this night. (Romeo and Juliet, I. 5.)

Diese Worte spricht der liebestolle Romeo beim ersten Anblick seiner Julia. Bevor er Julia sah, war er unsterblich in das Mädchen Rosalind verliebt, der Anblick Julias lässt ihn Rosalind sowie seine Liebe zu ihr einfach vergessen, ja sogar leugnen, da sein Herz erst jetzt zu lieben beginnt.

Was diese Geschichte über die Vergänglichkeit und die Aufrichtigkeit von Liebensschwüren aussagt, soll jetzt nicht besprochen werden. Stattdessen möchte ich den hoffnungsvollen Aspekt dieser Geschichte fokussieren: Wenn wir verliebt sind, mitunter unglücklich, glauben wir, dass es auf der ganzen weiten Welt niemanden geben kann, der uns so viel bedeuten wird wie diese Person. Dieser Jemand scheint der einzige zu sein, der uns wirklich zum Lachen und zum Weinen bringt, der uns niemals langweilen wird, mit dem wir immer glücklich sein werden und der all unsere Bedürfnisse erfüllt. Und gerade wenn dieser Jemand uns verschmäht, glauben wir, nie wieder so richtig glücklich werden zu können, weil wie nie wieder jemanden so lieben werden. Der Gedanke, dass jeder andere nur 2. Wahl wäre, drängt sich auf. Das dachte Romeo im Bezug auf Rosalind ja auch.

Doch dann, vielleicht ganz plötzlich und unerwartet, oder allmählich und zögernd, tritt ein anderer Mensch in unser Leben, der diese ganzen Gefühle auch auslöst, und gefühlt noch viel stärker. In dem Moment scheint es so, als hätten wir vorher nie geliebt. Als wären nur diese Gefühle jetzt die wirklich wahre Liebe. Und das kann doch allen unglücklich Verliebten Hoffnung sein. (Auch wenn es die Dauerhaftigkeit von Liebesgefühlen auch in Frage stellen kann) Es treten Menschen in unser Leben, die uns andere vergessen lassen, die noch viel toller und perfekter für uns scheinen, die nicht unsere 2. wahl sind, weil wir den anderen nicht haben können. Das finde ich irgendwie sher beruhigend. Es wäre nur gut, wenn einer dieser neuen Menschen diese Gefühle erwiderte und damit auch nicht allzu lange wartete ;).

Montag, 14. September 2009

There is nothing either good or bad

There is nothing either good or bad, but thinking makes it so. (Hamlet, II, 2)

Dieser Ausspruch aus Hamlet, ein Stück, das ich aufgrund seiner ellenlangen mitleiderregenden Monologe nicht sehr mag kann philosophisch betrachtet werden: Gibt es gut und böse, oder legen wir Dingen nur diese Wertungen bei? Ich will diesen Satz jedoch nicht philosophisch auseinander nehmen und analysieren, das ist mit zu anstrengend ;). Es gibt jedoch Denker, die sagen, dass nichts von Natur aus irgendwie gut oder böse ist, sondern alles relativ ist und seine zwei Seiten der Medaille hat. Dialektik ist hier das Stichwort.

Den Ausspruch kann man auch auf einer viel alltäglicheren und weniger abstrakten Ebene anwenden. Und zwar, wenn man, wie ich es jetzt tue, „thinking“ ganz weit fasst und es mit fühlen und empfinden gleichsetzt. Die ein und dieselbe Sache erscheint uns an manchen Tagen als mittlere Katastrophe, während sie an einem anderen Tag nur ein müdes Lächeln erzeugt. Mir geht das oft so mit Unterrichtsvorbereitungen: Manchmal fällt mir zu einigen Themengebieten gar nichts ein und ich denke dann, dass ich diese Thematik nie anständig unterrichten werde, und ich sowieso gar nicht so ein guter Lehrer bin, wie ich und andere immer denken. Dann will ich mir ’nen Kaffee machen, muss eine neue Tüte aufmachen, wobei ich immer, ja immer, das Kaffeepulver kreisförmig um die Dose verstreue. Schon fluchend stoße ich mich dann an der offen gelassenen Ofentür, wobei ich Idealfall noch ein Wasserglas umwerfe. Ja, dann ist die ganze Welt schlecht, meine Zukunft grau, allein bleibe ich eh’ mein Leben lang und ich bekomme nur 'ne Stelle irgendwo in einem Kaff neben Haßloch (ja, das gibt`s wirklich, da ist ein Vergnügungspark, immerhin) im Süden.

Ja, solche Tage gibt’s, an dem mein Denken alles negativ bewertet. Die Vögel nerven, die strahlende Sonne verhöhnt mich und auf der Straße werde ich ständig angerempelt und böse angeguckt. Aber glücklicherweise ist ja nicht jeder Tag so. An anderen Tagen wacht man auf, ist fit, freut sich über Sonne und Vögel, es gelingt alles und nette Leute kommen spontan zum Kaffee trinken vorbei und füllen den Kaffee ohne zu krümeln in die Dose. Ja, heute ist so ein Tag, wie schön.

Was haben diese Widrigkeiten des Alltags nun mit den großen und ganzen, dem Streben nach Glück zu tun? Glück ist etwas Momentanes und Unbeständiges, das man einfach mal so fühlen und erleben muss. Und an Tagen wie heute, ist die Wahrscheinlichkeit, einfach mal glücklich zu sein doch recht hoch. An Tagen wie oben beschrieben, wenn unser Denken alles schlecht macht, hat man wohl kaum eine Chance. Aber man kann sich vornehmen, und ich tue das, sich nicht von den Mini-unglücken an Scheißtagen ärgern zu lassen. Manchmal ist es eben so, und man will nicht aggressiv oder verbittert werden und irgendwann Jugendliche, die auf dem Bürgersteig fahren schimpfend vom Rad holen. Stoische Gemütsruhe ist hier das Stichwort und man weiß ja, dass das alles am nächsten Tag schon wieder ganz anderes von uns bewertet wird. Es liegt an einem selbst glücklich zu sein und wenn man sich über jede Kleinigkeit ärgert (Beachte es heißt sich (selsbt) ärgern) und/oder aufregt gibt man keinem Tag die Möglichkeit ein guter zu werden. Ich hoffe, ich denke an meinem nächsten schlechten Tag an meine Worte.

Dienstag, 25. August 2009

All's well that ends well (?)

“Ende gut, alles gut” – Das ist die sprichwörtliche Übersetzung von Shakespeares Stück “All’s well that ends well”. Die Bedeutung des deutschen Sprichwortes entspricht hierbei jedoch nicht ganz der des Englischen. Während das deutsche „Ende gut, alles gut“ doch eher die Erleichterung ausdrückt, dass Dinge sich doch noch zum Guten gewendet haben, hat das englische „All’s well that ends well“ eine etwas andere Gewichtung. Es wird natürlich auch ausgedrückt, dass man über ein glückliches Ende froh ist; es steckt jedoch auch die Idee dahinter, dass eben alles gut ist, was gut endet. Das „der Zweck heiligt die Mittel“-Prinzip ist also präsent.

Das Stück wurde als Komödie veröffentlicht, doch einige Kritiker sehen es auch als Tragödie. Wie schon zuvor erwähnt haben Shakespeares Komödien immer nur ein scheinbares „Happy End“. Hier ist dieses „Happy End“ ganz offensichtlich kein glückliches Ende. Die Geschichte ist schnell erzählt: Helena, eine bürgerliche, ist schon seit Längerem in Bertram verliebt, ein Adliger. Dieser liebt sie natürlich nicht; das ginge ja auch wegen der Ständeverhältnisse schon mal schlecht. Helenas Vater war ein berühmter Arzt, ist aber schon tot. Der König von Frankreich ist schwerkrank und Helena bringt diesem die heilende Medizin ihres Vaters. Als Gegenleistung wurde vereinbart, dass sich Helena einen Mann aussuchen darf, mit dem der König sie dann vermählt. Natürlich erwählt sie Bertram. Der will nicht, er schimpft, und heult und fleht und alles ist total erniedrigend für die arme Helena, so dass sie selbst auch keine Lust mehr hat. Der König besteht aber darauf und vermählt die beiden. Bertram findet, dass so fürchterlich, dass er vor dem Vollzug der Ehe, der Hochzeitsnacht, in den Krieg flieht, um lieber auf dem Schlachtfeld zu sterben, als Helena zu ehelichen. Diese gibt nun wiederum nicht auf, und folgt ihm. Sie will ihn nun um jeden Preis ins Bett kriegen, um die Ehe zu besiegeln. Dazu denkt sie sich einen perfiden Plan aus: Eine Freundin von ihr, die Diana, auf die der Bertram schon relativ scharf ist, hilft und umwirbt Bertram. Sie lockt ihn in ihr Schlafgemach und sagt, dass sie ihn dort mit einem Tuch verhüllt erwarten wird. Natürlich ist Helena unter dem Tuch und zack, hat Bertram mit seiner Frau geschlafen. Am Ende kommt alles raus, und da Bertram ein Mann von Ehre ist und zu seinen Worten und auch Taten steht, bleibt ihm nichts anders übrig, als nun Helena als seine Frau zu ehren und zu „love her dearly, ever, ever dearly". (V.iii.354).

Tja, wahrscheinlich ist es wirklich eher eine Tragödie, die die Zwänge der Zeit damals beklagt. Herrscher beschließen Ehen, Ehre steht vor persönlichem Glück, Bertram ist unglücklich und auch Helena kann ja nicht wirklich zufrieden sein. Ich muss sagen, dass mir das Stück nicht so gefallen hat, auch beim Lesen nicht. Die Handlungen der Charaktere sind schlecht nachvollziehbar, die Nebenfiguren haben nicht so viel Charme wie in anderen Komödien und es werden auch wenig andere Aspekte angesprochen und beleuchtet. Außer der Aussage, dass ein gutes Ende, nicht wirklich alles andere gut macht und eben oft nicht das ist, was es vorgibt zu sein, hat mir das Stück nicht sehr viel mitgegeben. Ich habe es gelesen, da ich es nächsten Freitag als Stück sehen werde. Da bin ich sehr gespannt drauf. Vielleicht eröffnet mir die Bühnenperformance Sichtweisen, die mir beim reinen Lesen verborgen blieben und ich bin natürlich gespannt, wie das Stück umgesetzt wird.